Veröffentlicht am Apr. 26, 2023

Bifaziale Module: doppelseitige Solarmodule bringen mehr Ertrag

Herkömmliche monofaziale Solarmodule nutzen ihre Vorderseite zur Stromgestehung. Bifaziale Solarmodule gewinnen auch über ihre Rückseite Energie aus der Sonneneinstrahlung. So liefern diese Module vor allem auf Flachdächern und Freiflächenanlagen bei überschaubaren Zusatzkosten deutliche Mehrerträge.
Thorben Frahm
Dieser Artikel wurde von
Thorben Frahm für www.solaranlagen-portal.com verfasst.
Photovoltaik Solarmodule Bifaziale Module

Was können bifaziale Solarmodule?

Vorteile & Nachteile bifazialer Solarmodule

✅Bringen 10 - 25 Prozent höhere Erträge❌etwas teurer als herkömmliche Module
✅Ideal für Flachdächer, Fassadeninstallationen, Carports und Freiflächenanlagen❌spielen bei dachparallelen Aufdachmontagen ihre Stärken nicht aus
✅Stabiler & langlebiger als viele monofaziale Module 

Die Leistung von Solarmodulen ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen: Ein Solarmodul von 300 oder mehr Watt sorgt nicht mehr für hochgezogene Augenbrauen und eine Fläche, die früher noch 3 oder 4 Kilowatt Peak Leistung erbrachte, kann heute schon eine PV-Anlage mit 7 oder 8 kWp beherbergen. Auch die Kosten sanken rapide von weit über 3500 Euro pro kWp auf heute unter 1500 Euro pro Watt. Bifaziale Solarmodule gehen noch einen Schritt weiter:

Bifaziale Solarmodule haben zwei Gesichter. Das ist zumindest die wörtliche Bedeutung von “bifazial”. Während die herkömmlichen “monofazialen” Solarmodule nur auf der Vorderseite Solarzellen aufweisen, warten bifaziale Solarmodule auch auf der Rückseite mit Solarzellen auf. Bifaziale Solarmodule nehmen die Sonneneinstrahlung beidseitig auf und wandeln sie in Solarstrom. Davon verspricht man sich höhere Erträge auf gleicher Modulfläche.

Was bifaziale Module von herkömmlichen Modulen unterscheidet

Schnittbild mono- und bifazialer Solarmodule

Rein auf die konstruktiven Merkmale bezogen ist ein bifaziales Modul nicht sonderlich verschieden von einem Standardmodul - der Hauptunterschied besteht darin, dass auch die Rückseite des bifazialen Modules transparent ist (beispielsweise durch eine transparente hochreflektive Folie oder Glas), um die Sonneneinstrahlung auf die Zellen passieren zu lassen.

Der größte Unterschied zwischen mono- und bifazialen Modulen liegt in den Solarzellen selbst; hauptsächlich kommen zwei Verfahren bzw. Modultypen zum Einsatz: spezielle PERC-Solarzellen und Heterojunction-Solarzellen.

PERC-Solarzellen (“Passivated Emitter and Rear Contact”) stammen aus der monofazialen Modulwelt. Der “Passivierungsprozess”, der bei der Herstellung von Solarzellen zum Einsatz kommt, verringert interne Zellverluste und erhöht die Strahlungsreflexion innerhalb des Gesamtmodules. Mit einigen Anpassungen wie der Modifikation der Rückkontakte eines Modules kann dieses Prinzip auch angewendet werden, um ein bifaziales Modul zu erhalten. Jedoch ist der Bifazialitätsfaktor (siehe unten) mit circa 70 Prozent nicht ganz optimal. 

Besser sind die Heterojunction-Solarzellen. Sie haben einen Bifazialitätsfaktor von durchaus bis zu 90 Prozent. Sie sind allerdings auch deutlich komplexer in der Herstellung - es kommt p-Silizium anstelle von n-Silizium zum Einsatz. N-Silizium ist mit Bor dotiert - ein Treiber für lichtbedingte Degradation der Zellen. N-Silizium ist nicht von dieser leistungszehrenden Entwicklung betroffen. Weitere Detailinformationen finden Sie im “Leitfaden bifaziale Module” (PDF) von energie schweiz.

Bifazialitätsgrad & Bifazialitätskoeffizient

Wie viel Mehrertrag ein bifaziales Modul wirklich liefert, drücken der Bifazialitätskoeffizient bzw. der Bifazialitätsfaktor oder der Bifazialitätsgrad aus. 

Seit 2019 gibt es mit der IEC 60904 Part 1-2 ein einheitliches Testverfahren für bifaziale Module, um ihre Erträge beziffern und vergleichen zu können. Zwei Messverfahren kommen dabei zum Einsatz: 

  1. Die Rückseite des Moduls wird abgedeckt und die Vorderseite unter STC-Bedingungen (Standard-Testbedingungen) analysiert. Dann erfolgt die gleiche Prozedur auf der Modulrückseite.
  2. Beide Modulseiten werden bestrahlt und im Nachgang wird der Bifazialitätskoeffizient ermittelt: der Ertrag der Rückseite wird durch den Vorderseitenertrag dividiert. Das Ergebnis, beispielsweise 0,6 bzw. 60 Prozent, sagt aus, dass die Rückseite 60% des Ertrages der Vorderseite liefert. Werte von 60 bis 90 Prozent sind bei bifazialen Modulen üblich.

Diese Zahl sagt uns erst einmal wenig. Interessanter wird es, wenn wir diese Messwerte in konkrete Mehrerträge übersetzen. Diese schauen wir uns jetzt einmal genauer an.

Mehrertrag und Wirtschaftlichkeit

Im Kern dreht sich bei den bifazialen Modulen alles um die Ertragssteigerung. Ein solches doppelseitig solarzellenbestücktes Modul bringt Mehrerträge von 5 bis 30 Prozent zustande. 

Mehrertrag bifazialer Solarmodule

Grafik: © Fraunhofer ISE

Das sind Ergebnisse, die sich nicht hinter den Zusatzerträgen von nachgeführten PV-Anlagen verstecken müssen.

Bifaziale Module weisen ein besseres Schwachlichtverhalten auf als monofaziale Module - diffuse Sonneneinstrahlung und diffuse Reflexionen werden deutlich effizienter verwertet. Prognosen zufolge sollten diese Module aufgrund ihrer stabilen Konstruktion deutlich langlebiger sein und länger Ertrag liefern.

An der großen Spannbreite des möglichen Mehrertrags wird bereits deutlich, dass neben der Technik selbst noch weitere Faktoren die Effizienz markant beeinflussen. Die Parameter, die für monofaziale Solarmodule relevant sind - wie zum Beispiel Dachausrichtung, Dachneigung oder Verschattung - sind für bifaziale Solarmodule gleich zweifach von Bedeutung: denn hier entscheidet nicht nur, in welchem Winkel die Sonne die Vorderseite bescheint: Auch die Modulrückseite leidet entsprechend unter Verschattung oder profitiert beispielsweise von einer Oberfläche mit hoher Albedo - einem starken Rückstrahlvermögen. Asphalt hat beispielsweise einen Reflexionsfaktor von 10-15%, während weiß angestrichener Beton 60-80% des Lichtes zurückwirft. Bei Neuschnee liegt dieser Wert bei 75-90%. 

Bifaziale Solarmodule sind auch für eine Aufstellung in Ost-West-Ausrichtung sehr interessant: anstelle von einem Ertragsmaximum in den Mittagsstunden liefern sie stattdessen zwei kleinere Maxima am Vormittag und am Abend. Das rührt daher, dass die beiden Seiten des Modules jeweils morgens und abends am stärksten beschienen werden. Das könnte den Eigenverbrauch optimieren, da die Stromgestehung zu Zeiten stattfindet, in denen der Strombedarf höher ist (weil der Eigentümer beispielsweise zuhause ist). Außerdem ist eine solche Ertragskurve auch für den Stromverkauf relevant, da so die eher niedrigpreisigen Mittagszeiten etwas umfahren werden. 

Aber nicht nur die Frage, wie die Module montiert sind, sondern auch wo sie zum Einsatz gelangen entscheidet über den Mehrertrag: 

  • Eine handelsübliche Dachanlage mit dachparalleler PV-Montage wird kaum nennenswerte Ertragssteigerungen durch die zweiseitige Solarstromgewinnung erzeugen. Hier erfolgt zu wenig Einstrahlung auf die Modulrückseite, um die Mehrkosten aufzufangen.
  • Bifaziale Module auf einem Flachdach hingegen spielen ihre Stärken deutlich präsenter aus. Sie werden mit bis zu 30 Grad Aufstellwinkel etwas steiler montiert als monofaziale Module. Noch steilere Winkel lassen die Erträge gemeinhin allerdings wieder sinken. Die Reihenabstände zwischen den Modulen werden etwas weiter gewählt. So greifen die Rückseiten der Module auf eine größere Rückstrahlfläche zurück. Die gleichen Aspekte treffen auch bei Freiflächenanlagen und Carports zu. Hier liefern bifaziale Module deutliche Mehrerträge.
  • Auch Balkonanlagen können unter den richtigen Bedingungen Mehrerträge liefern, solange eine Montage möglich ist, bei der beide Modulseiten zuverlässig beschienen werden.
  • Weitere Einsatzmöglichkeiten sind beispielsweise Schallschutzwände oder Fassadeninstallationen.

Kosten: bifaziale Module sind etwas teurer als einseitige Module

Den bifazialen Mehrerträgen stehen allerdings im Vergleich zu monofazialen Modulen auch Mehrkosten gegenüber. Laut dem Preisindex von pvxchange.com kosteten bifaziale Solarmodule auf dem europäischen Spotmarkt im April 2022 (Datenstand: März 2023) knapp 0,40 Euro pro Watt Peak Leistung. "Hocheffizienz" - Standardmodule kosteten dort 0,39 €/Wp, während herkömmliche Module mit 0,30 €/Wp veranschlagt werden. 

Seit Mai 2022 integriert pvxchange die Preisdaten für bifaziale Solarmodule mit in die Kategorie “Hocheffizienz”. Dort liegen die neuesten Modulpreise für den Februar 2023 vor: 0,39 €/Wp für Hocheffizienzmodule inklusive mono- wie bifazialen Modulen und 0,29 €/Wp für “Mainstream” monofaziale Module. Achtung: Diese Preise sind keine Endkundenpreise - pvxchange selbst gibt an, dass die Endkundenpreise ungefähr um den Faktor 4 bis 6 höher liegen.

Andere Angaben sprechen im Endkundenbereich von einer Preisdifferenz von 5 bis 15 Prozent (wenngleich im höheren Bereich oft eher komplexere vertikale Aufstellungen involviert sind). Generell kann man davon ausgehen, dass die Mehrerträge die Mehrkosten übersteigen - insofern die Nutzung innerhalb der bereits genannten Einsatzbereiche erfolgt.

Wo kann ich bifaziale Module kaufen? Hersteller im Überblick

Bifaziale Module kommen zunehmend in der Breite des Marktes an:

  • Axitech Energy
  • AE Solar
  • Canadian Solar
  • Yingli Green Energy
  • Solarwatt
  • Solarworld
  • CS Wismar GmbH Sonnenstromfabrik
  • Solar Fabrik GmbH
  • LG
  • ZNShine
  • Jinko
  • Trina Solar
  • JA Solar
  • SunPower
  • LONGI

Sie wissen von einem Hersteller für bifaziale Module, der hier noch nicht aufgelistet ist? Informieren Sie uns gerne unter redaktion@daa.net und wir pflegen den Eintrag umgehend dankend nach!

Fachbetriebe aus den größten Städten in Deutschland (Alle Städte)
Fachbetriebe aus den größten Städten in Österreich (Alle Städte)
Fachbetriebe aus den größten Städten in der Schweiz (Alle Städte)