Veröffentlicht am Apr. 26, 2023

Was die Tandemsolarzelle so besonders macht

Die Tandemsolarzelle gehört zu den interessantesten Technologien in der modernen Solartechnik und bricht Rekorde beim Wirkungsgrad. Eine Tandemsolarzelle kombiniert Solarzellen aus unterschiedlichen Materialien miteinander. Das Wort „Tandem“ lässt vermuten, dass es sich immer um zwei verschiedene Materialien handelt. Aber es können durchaus auch mehr sein, sodass die seltener verwendeten Begriffe Stapelsolarzelle und Mehrfachsolarzelle passender sind.
Thorben Frahm
Dieser Artikel wurde von
Thorben Frahm für www.solaranlagen-portal.com verfasst.
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Die Tandemsolarzelle erreicht höchste Wirkungsgrade

Die Tandemsolarzelle...

  • ...kommt auf höhere Wirkungsgrade als herkömmliche Solarzellen ✔️
  • ...leidet noch an einer geringeren Lebensdauer als Siliziumsolarzellen - allerdings wurden kürzlich Fortschritte gemeldet
  • ...ist noch nicht auf dem Markt erhältlich ❌

Inhalt:

Die Tandemsolarzelle am Bändermodell erklärt

Um die Besonderheiten dieser Solarmodule zu erklären, gehen wir kurz einen Schritt zurück und zeigen am Bändermodell, wie sich der photoelektrische Effekt in einer Solarzelle darstellt.

Das Bändermodell basiert auf dem Atommodell von Niels Bohr. Bohr unterteilte Atome in den Atomkern mit positiven Protonen und ungeladenen Neutronen und die Hülle mit ihren um den Kern kreisenden Elektronen (negativ geladenen Teilchen). Die Elektronen bewegen sich auf verschiedenen Bahnen (Schalen), die jeweils nur eine begrenzte Anzahl an Elektronen aufnehmen können. Durch von außen hinzugefügte Energie lassen sich Elektronen auf die nächsthöhere Schale anheben. Beim Bändermodell, das hier vereinfacht erklärt wird, gibt es die Begriffe Valenzband, Leitungsband und Bandlücke:

Tandemsolarzelle erklärt mit Bändermodell-Grafik


Quelle: Alexander Gorfer (quant.uni-graz.at), CC BY-SA 4.0- Das Valenzband ist das oberste Band mit Elektronen vollständig besetzte Band. Im Valenzband bewegen sich die Elektronen nicht. Es wird gern mit einer Straße verglichen, in der sich der Verkehr staut - die Straße ist voll.

  • Das Leitungsband enthält keine Elektronen und wo nichts ist, kann sich nichts bewegen - die Straße ist leer.

Zwischen Valenz- und Leitungsband kann eine sogenannte Bandlücke liegen. Das hier skizzierte Modell mag ein bisschen so klingen, als handele es sich bei der Bandlücke um ein in Längeneinheiten messbare Distanz. Tatsächlich geht es aber um Energieniveaus, sodass die Bandlücke in der Einheit Elektronenvolt (eV) gemessen wird. Bei sogenannten Halbleitern liegt die Bandlücke in einem Bereich zwischen etwa 0,1 bis vier Elektronenvolt. Bei Nichtleitern ist die Bandlücke größer.

Durch externe Energiezufuhr - hier also Sonneneinstrahlung - können Elektronen bei Halbleitern vom Valenz- ins Leitungsband wechseln und dort fließen. Mit anderen Worten: Strom kann fließen. Herkömmliche polykristalline Solarmodule oder monokristalline Solarmodule nutzen einen bestimmten Frequenzbereich der Sonnenenergie. Ist die Energie kleiner als die Bandlücke erfordert, erfolgt keine Absorption. Ist die Energie größer, wird die überschüssige Energie zu Wärme. Die Tandem-Solarzelle kombiniert Halbleiter mit unterschiedlichen Bandlücken, sodass das Elektronen freisetzende, nutzbare Energiespektrum größer ist.

Die Tandemsolarzelle einen größeren Teil des Sonnenlichts

Die verschiedenen Materialien einer Tandemsolarzelle eignen sich jeweils für einen anderen Teil des Lichtspektrums. Nimmt man eine Tandem-Solarzelle mit zwei verschiedenen Materialien, nutzt die obere z.B. eher kurzwelliges Licht für die Stromproduktion. Zugleich lässt sie langwelligeres Licht durch, das das darunterliegende Material zur Stromproduktion nutzen kann. Das ist der Vorteil gegenüber Solarzellen, die zum Beispiel ausschließlich auf monokristallines Silizium setzen. Da die Tandemsolarzelle einen größeren Bereich des Lichtspektrums nutzt, steigt der Wirkungsgrad.

Foto einer Tandemsolarzelle

Mehrere III-V Tandemsolarzellen auf einem Silicium Substrat mit 10 cm Durchmesser, Foto: © Fraunhofer ISE /Foto: Markus Feifel

Die Tandemsolarzelle überzeugt mit hohen Wirkungsgraden

Bei Solarzellen wie der Tandem-Solarzelle ist der Wirkungsgrad derjenige Anteil der auftreffenden Sonnenenergie, der von der Zelle in elektrische Energie umgewandelt wird. Er ist also ein Maß für Effizienz und Solarertrag, wobei gilt:

  • Der unter Laborbedingungen erreichte Wirkungsgrad einer Solarzelle ist nicht unbedingt der, den sie im normalen Betrieb erreicht.

  • Der Wirkungsgrad der Solarzelle ist höher als der der Solaranlage. Die Anlage besteht aus verschiedenen Bauteilen wie dem Wechselrichter, der den entstehenden Gleich- in Wechselstrom umwandelt. In solchen Bauteilen geht ein Teil der für die Nutzung gewonnenen Energie verloren.

Eine Solarzelle aus monokristallinem Silizium kommt auf einen Wirkungsgrad von über 20 Prozent. Allerdings gilt die Technologie der reinen Siliziumsolarzellen inzwischen als weitgehend ausgereizt. Das ist bei Tandemsolarzellen anders. Spitzenwerte sind möglich. Unter Laborbedingungen hat eine Tandem-Solarzelle einen Wirkungsgrad von über 45 Prozent erreicht. In Praxistests liegen Top-Werte von Tandemsolarzellen rund um die 30-Prozent-Marke und der Technologie wird für die Zukunft noch einiges zugetraut

Arten der Tandemsolarzelle

Das Wort Tandemsolarzelle ist erst einmal nur ein Sammelbegriff für unterschiedliche Solarzellen, die Materialien miteinander kombinieren. Es gibt sehr unterschiedliche Varianten. Zu den älteren gehört die dreischichtige Tandemsolarzelle aus Galliumindiumphosphid, Galliumindiumarsenid und Germanium. Sie wird zum Beispiel in der Satellitentechnik verwendet.

Unterscheiden kann man bei der Tandemsolarzelle im Aufbau grundsätzlich zwei Varianten: die mechanische Stapelung und den monolithischen Aufbau. Die bereits genannte dreischichtige Tandemsolarzelle gehört zu den Varianten mit einer mechanischen Stapelung. Hier werden die verschiedenen Materialschichten einfach übereinander gestapelt und jede einzelne Schicht der Tandemsolarzelle ist quasi für sich genommen eine eigene Solarzelle. Bei einem monolithischen Aufbau werden die verschiedenen Schichten dagegen auf einem Träger aufgebracht und bilden eine Einheit.

Geht es bei der Tandemsolarzelle um den Aufbau, gehört es zu den größten Herausforderungen, passende Materialien so zu kombinieren, dass sie sich optimal ergänzen und ein möglichst großes Spektrum auftreffender Sonnenenergie nutzen. In der Entwicklung von Tandemsolarzellen gibt es aktuell zum Beispiel folgende Kombinationen:

  • III-V/Si-Tandemsolarzelle: Das „Si“ bei diesen Solarzellen steht für das bekannte Silizium. Mit „III“ und „V“ sind chemische Hauptgruppen im Periodensystem gemeint: „III“ ist die sogenannte Bor-Gruppe (mit Elementen wie Gallium und Indium) und „V“ die sogenannte Stickstoff-Phosphor-Gruppe (z.B. Phosphor, Arsen).
  • Tandemsolarzellen mit Perowskit: Im engeren Sinn ist mit Perowskit ein Mineral mit einer speziellen Kristallstruktur gemeint, das im 19. Jahrhundert erstmals vom Mineralogen Gustav Rose beschrieben wurde. Im weiteren Sinn sind Materialien gemeint, die eine dem Perowskit ähnelnde Kristallstruktur aufweisen und in modernen Tandemsolarzellen eingesetzt werden.
  • Bei der CIGS-Perowskit-Tandemsolarzelle kombiniert man Perowskite mit Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). CIGS-Module sind relativ kostengünstige Dünnschichtmodule mit einem für diese Modulart hohen Wirkungsgrad.
  • Perowskit-Perowskit-Tandemsolarzellen: Bei dieser Art der Tandemsolarzelle werden zwei verschiedene zu den Perowskiten zählende Materialien miteinander kombiniert. Auch hier gilt: Die Materialien sollten sich gut ergänzen.
  • Perowskit-Silizium-Tandemsolarzelle: Sie kombiniert Perowskit mit dem für Photovoltaikzellen klassischen Material Silizium.

Drei wichtige Eigenschaften für die Marktreife

In Bereichen wie dem Bau von Satelliten kommen Tandemsolarzellen bereits zum Einsatz. Bei der Stromproduktion von Immobilien mit Photovoltaik wartet die Tandemsolarzelle allerdings noch auf den großen Durchbruch. Aber es gibt bereits einige Erfolge. Wichtig ist für die Marktreife der Tandemsolarzelle neben einem guten Wirkungsgrad die Skalierbarkeit und Langlebigkeit. Bei Skalierbarkeit und Langlebigkeit konnten viele Tandemsolarzellen lange nicht wirklich überzeugen, zumal Fortschritte bei der Langlebigkeit bisweilen auf Kosten des Wirkungsgrades gingen. In letzter Zeit meldet die Forschung aber Erfolge.

  • Skalierbarkeit bedeutet, dass Tandemsolarzellen in marktüblichen Größen für die Stromproduktion produzierbar sind. Einen Erfolg meldete hier das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im Juli 2022. Man habe einen „Prototyp für vollständig skalierbare Perowskit-Perowskit-Tandem-Solarmodule“ entwickelt, hieß es in der Mitteilung des KIT.

  • Bei der Langlebigkeit konnten Varianten wie die Perowskit-Tandemsolarzelle lange Zeit nicht mit den Silizium-Solarzellen mithalten. Sie verloren relativ schnell deutlich an Leistungsstärke, während Siliziumsolarzellen durchaus zwanzig Jahre lang gute Leistungen bringen können. Forscher vom Helmholtz-Institut berichteten Ende 2021 von Tests, in denen Perowskit-Tandemsolarzellen „nach 1.450 Betriebsstunden rund 99 Prozent ihres anfänglichen Wirkungsgrads von 20,5 Prozent“ behielten.

Bisweilen wird der Tandemsolarzelle durch Hersteller bereits Markt- bzw. Serienreife bescheinigt. Als künftiger Tandemsolarzelle-Hersteller positioniert sich zum Beispiel das Unternehmen QCells mit Hauptsitz in Südkorea und Ingenieurbüros in Deutschland. Bei der Tandemsolarzelle sind die Hersteller aus dem privaten Sektor oftmals Partner vont Forschungseinrichtungen. So hat Qcells mit dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) im März 2022 eine Silizium-Perowskit-Solarzelle mit einem Wirkungsgrad von 28,7 Prozent vorgestellt, die beide Partner für serienreif halten.

Was zahlt man bei Tandem-Solarzellen für einen Preis?

Was Varianten der Tandemsolarzelle kosten werden, lässt sich im Moment nicht sagen - bislang kann man auf dem freien Markt keine Tandemsolarzelle kaufen. Bevor die Massenproduktion nicht begonnen hat, kann für die Tandem-Solarzellen kein Preis genannt werden. Fakt ist allerdings: Die Kosten für die Tandemsolarzelle müssen marktfähig sein. Ein höherer Wirkungsgrad könnte einen etwas höheren Preis im Vergleich zur reinen Silizium-Solarzelle rechtfertigen. Zu viel darf die Tandemsolarzelle aber nicht kosten, weil der Preis ansonsten ihren Markterfolg gefährdet. Mehr zum Thema lesen Sie in unserer Übersicht zu den Preisen von Solarmodulen.

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